Jakob Kneip starb 1958, und sein Freund Albert Bauer (1890 – 1960) kam von der Beerdigung, wie seine Tochter sich erinnert, sagte nur traurig: „Jetz honn se aach de Kneip schun vergess“.

Albert Bauer war als Kind eine Leseratte, hat heimlich auf dem Dachboden des Hauses die Bibliothek seines Großvaters „verschlungen“. Er wollte mehr wissen, wollte sich mit 15 Jahren an einem Sonntag beim Direktor des Trarbacher Gymnasiums anmelden, platzte dabei in die Verlobungsfeier von dessen Tochter mit dem Büchenbeurener Arzt Dr. Schüler, mit dem er später eng verbunden war. Studieren durfte er nicht, musste Bauer werden.

Tagsüber arbeitete er in Stall und Feld, doch nachts schrieb er Theaterstücke für die Dorfbühne, u a. das Drama Judas Iskariot, das vom Theater Koblenz bereits angenommen war. Im Januar 1926 lernte er Jakob Kneip kennen, der ihn fortan förderte und zum Schreiben von Romanen animierte.

Leider wurde er in brauner Zeit erfolgreich, was man ihm heute übel nimmt und darum auch sein dichterisches Werk missachtet.

Dabei ist seine Hunsrücklegende das für mich schönste aller Lieder, die auf dem und über den Hunsrück geschrieben wurden.

             Hunsrücklegende
             Der Herrgott war auf Wandern
             Wollt seine Welt besehn.
             Da kam er auf den Hunsrck,
             besinnlich blieb er stehn. -
             Der Wald so grün, das Land so weit,
             Darüber spannte Einsamkeit,
             Soweit die Berge gehn.
  
             Er setzt sich auf den Wacken
             zu einer Feierstund.
             Wie lichterten die Felder,
             Er lauschte in die Rund.
             Es rauscht im Wald, es raunt im Korn
             und wiegenheimlich schwatzt der Born
             aus tiefstem Talesgrund
  
             Ein Bäuerlein kam gangen,
             der Herrgott lächelt fein,
             er rückte ihm ein wenig,
             lud ihn zum Wunsche ein. -
             "So wünsch ich", sprach der Bauersmann,
             "dass ich hier leb' und sterben kann,
             s' wird nirgends schöner sein." 

Quelle: Privatarchiv von Berta Kirst, Tochter von Albert Bauer

Da gilt Windhäuser: „Tätst dou’s mit meine Auhe siehn, dann tät’s der aach gefalle.“ Heimat ist überall schön.

Heimat ist ein Spannungsfeld zwischen Nähe und Ferne, Enge und Weite, Bindung und Freiheit. Albert Bauer hat dies unübertrefflich formuliert:

 Zwänglich gekettet
 tappte ich furchenentlang
 hinter dem schleppenden Pflug
 Groll im Herzen und Hassen
 gegen Erbe und Scholle:
 Unrast tobte im Blut,
 Fernweh suchte sich Gassen
  
 Blinke, blaue Weite, locke!
 Meine Pflugschar knirscht ihr Lied!
 Träumern will ich gern
 die Wunderblume lassen,
 Knechten gern die zäh geklumpte Erde,
 Beides mir in Heimat fassen
  
 Ich habe von blauweiten Fernen geträumt
 und blieb ein armseliger Knecht
 Ich grub in die eigene Scholle mich ein
 Sah plötzlich auch darüber Sonnenschein:
 Da wurde das Leben mir recht. 

Fazit: Heimat liegt im Spannungsfeld zwischen Nähe und Ferne, Enge und Weite

weiter zu Rottmann, Windhäuser, Hohl, Kneip, Ida Conrath, Paula Petry, Liesel Franz, Epilog